Bilder, Küchenwerkzeug

Santokumesser: Kai Shun Premier vs. Güde Alpha

21. März 2015
Kurzzusammenfassung Santokumesser, literarische Version

Irgendwo in Seattle sitzt Christian Grey in einem Stahl-und-Glas-Loft über der amerikanischen Version des Beef-Magazins, schärft sein Kai Shun Premier und überlegt, was er Fräulein Steele für ein Steak zubereiten soll.

Auf dem Weg nach Mordor sitzen zwei Hobbits am Feuer, eine gusseiserne Pfanne auf der Glut. Samweis Gamdschie zückt sein Güde Alpha und beginnt, ein Kaninchen zu häuten.

Eine ganze Weile habe ich hauptsächlich mit einem Fiskars Santokumesser gearbeitet. Fiskars – die Marke kannte ich als Pfadfinderin bisher eigentlich hauptsächlich, weil sie gute Beile herstellen. Das Messer tat seine Arbeit auch ganz gut, aber eben nur das: ganz gut.

Auf lange Sicht gesehen wollte ich allerdings endlich ein ordentliches Messer™. Wer mich kennt, weiß, dass ich eine solche Anschaffung nicht auf die leichte Schulter nehme. Stattdessen geht mein Körper in den Nerdmodus: Websites und Blogs checken, Stiftung Warentest bemühen, Herstellerkataloge wälzen und so weiter und so fort.

Dass es wieder ein Santokumesser sein würde, war für mich keine Frage – ich mag die breite Klinge, mit der man sein Schnittgut auch direkt in den Topf transportieren kann. Schnell war klar, dass zwei Messer in die engere Wahl kommen würden: Das Alpha von Güde, das in Solingen gefertigt wird, und das Santoku der Shun-Premier-Tim-Mälzer-Serie von Kai, einem japanischen Hersteller.

Ich habe mir also beide zur Ansicht bestellt …

Kai Shun Premier – Tim Mälzer Edition

Ich bin keine Marketingspezialistin, aber alles am Kai Shun rief für mich auf Anhieb „MÄNNERMESSER“- wenn der Hauptcharakter von „Two and a Half Men“ ein Messer kaufen würde, es wäre das Kai Shun Premier. Alles glatt, gelackt und poliert mit geraden Linien. Sogar die Damaszenerklinge ist fast bis zur Unkenntlichkeit aufpoliert, während sie auf den Produktfotos im Netz eher matt aussah. Damit deckt sich auch, wie die Serie auf der Webseite der Firma Kai daherkommt: Schwarz, weiß, starke Kontraste, Fokus auf Lifestyle.

Die Kombination aus goldenen Elementen (der Ring am Ende des Griffes und der untere Teil des Logos auf der Klinge) mit dem Rest des Metalls, das eher grau bis silbrig glänzt, finde ich absolut unansehnlich. Auch das Küchenbullenlogo an sich gibt mir nichts, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Auch die Verpackung aus Holz schreit förmlich: „Hey Großstadtcowboy! Keine Angst, Du kannst kochen und trotzdem männlich sein!“ ;-)
All das wäre für mich allerdings kein Grund, das Messer nicht zu kaufen – ich bin da an und für sich flexibel, wenn denn die Schneideeigenschaften und die Griffigkeit passen. Aber da war das Kai Shun Premier für mich leider eine Niete, denn es passte einfach nicht so recht in meine – zugegebenermaßen recht kleinen – Hände. Klingt kitschig, ist aber so: Wenn ich ein hochwertiges Messer in die Hand nehme und es mich richtig begeistern soll, dann muss es sich wie eine Verlängerung meiner selbst anfühlen. (Wie bei Prince Adam, der sein Schwert zieht und zu He-Man mutiert. Nur halt in der Damenversion. ;-) )

Nun disqualifiziert sich dieses Santokumesser damit für mich total – andererseits aber: Hut ab, Kai. Denn die Zielgruppe, die offensichtlich Männer Ü20 mit nicht ganz geringem Einkommen und hohem Lifestylebewusststein zu sein scheint, die wird hier 1A bedient. Es ist sicher kein Zufall, dass ausgerechnet Tim Mälzer, der ja schon so etwas wie der Bad Boy der deutschen Fernsehköche ist, hier kooperiert. Einem Jamie Oliver oder einem Johann Lafer hätte man das Messer sicher nicht abgenommen. So funktioniert das Gesamtpaket aber total.

Das Kai Shun ist im Heft 12/2014 der Stiftung Warentest sehr gut weggekommen (man kann den Test zwar einsehen aber nur gegen Gebühr), eine kurze Googlesuche brachte ziemlich positive Berichte in Foren zutage (viele davon auf englischsprachigen Seiten, dort ging es nicht um die Tim-Mälzer-Edition sondern die normale) und die Rezensionen auf amazon sind durchweg gut. (Im Zweifel gebe ich persönlich auf Tests und Forenbeiträge aus dem Netz deutlich mehr als auf die Tests von Stiftungen.)

Kurzum: Ein gutes Messer sicherlich – aber eben nicht für mich.

Güde Alpha Fasseiche

Ganz anders dagegen das Alpha der deutschen Firma Güde: Das saß wie angegossen. Ich habe mich für die Fasseichenversion mit Kullenschliff entschieden, aber es ist auch mit anderen Griffschalen erhältlich: Hostaform (thermoplastischer Kunststoff), Olive oder Birne. Bei dieser Serie hatte der Sternekoch Harald Rüssel seine Hände mit im Spiel und die Griffschalen bestehen aus dem Eichenholz alter Weinfässer, das Holz hat bereits über 80 Jahre auf dem Buckel.

Es gibt, wie beim Kai Shun auch, in der Serie noch jede Menge andere Küchenhelfer – vom Käsemesser über Wetzstahl bis hin zu Steak-und Tomatenmessern. Charmant!

Während die Webseite der Firma Güde farblich ähnlich gehalten ist, wie die von Kai, kommt die Verpackung ganz anders her und da lacht das Hobbitherz: Die Klinge ist geschützt durch einen Plastiküberzug, aber das Ganze steckt in einem kleinen Umschlag aus Wellpappe, der von Metallnieten zusammengehalten wird, die mit dem Schriftzug „GÜDE MESSER“ versehen sind. Mit solchen Dingen kann man mich ja packen. Und wenn man dann noch schreibt, dass man sich statt Lifestyle „der jahrhunderte alten Kunst der Messerherstellung, die den Ruf der Stadt Solingen begründet hat“ verschrieben hat, ja, dann bin ich schon einmal sehr, sehr positiv voreingenommen.

Kein Wunder, dass Güde schon den ein oder anderen Red Dot Design Award eingeheimst hat – das Messer sieht fantastisch aus. Und es ist wie für mich gemacht: Der Griff sitzt perfekt in meiner Hand, das Holz fühlt sich angenehm an. Mein Exemplar hat zwar eine Macke am Griff, aber absurderweise stört mich das nicht, sondern ich finde, es verleiht dem guten Stück Seele. Da ich eigentlich sehr penibel bei solchen Dingen bin, kann das nur eins bedeuten: Ich bin verliebt. ;-)

Güde bietet übrigens auch einen Nachschleifservice an, was für mich als Laien nicht uninteressant ist. Ich ziehe zwar das Messer vor der Benutzung mit dem Wetzstahl ab (genau wie meine Oma das damals immer gemacht hat), aber wenn man doch mal ein Stück Knorpel erwischt, dann hilft das eben auch nicht mehr.

Nachdem ich nun das Alpha Santoku ausgiebig getestet habe, muss ich gestehen, dass ich auch das Brotmesser mit 32 cm Klingenlänge aus der gleichen Serie total gerne mal in die Finger bekäme. Seit ich selbst Brot backe, kann ich ja mit den kurzen 20cm-Standardbrotmessern, wie wir eins besitzen, nicht mehr so viel anfangen – außerdem ist gerade bei Roggenbroten mit festerer Kruste (wie z. B. dem Paderborner Landbrot, das mein absolutes Lieblingsbrot ist) wirklich ein scharfes Messer vonnöten, um die ordentlich schneiden zu können.

Die Tatsache, dass Franz Güde selbst vor über 80 Jahren den Wellenschliff erfand, lässt vermuten, dass die Damen und Herren da in Solingen auch wirklich wissen, was sie tun. ;-) Und wie man hier sieht, passt die Fasseichenserie auch optisch gut zu Roggen- und Weizenbrot. Das Auge isst ja schließlich mit … Ich glaube, ich gehe mal kurz Preise vergleichen.

Galerie: Santokumesser

Zusammenfassung
Rezensionsdatum
Rezensierter Artikel
Güde Santokumesser Alpha Fasseiche
Bewertung
51star1star1star1star1star

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